Erklärung der Sure al-Fatiha

koran 10.02.2023

Die al-Fatiha ist in vielerlei Hinsicht eine besondere Sure. Sie ist nicht nur das erste Kapitel des Korans, sondern wird auch täglich mehrmals im Gebet rezitiert. Daher beschreibt der vorliegende Artikel die Besonderheiten der Sure al-Fatiha. Neben den Punkten, die sie vor den anderen Suren im Koran hervorheben, erläutert er auch die Bedeutung der einzelnen Verse.

Einführung in al-Fatiha

Die Namen der Sure

Der Name der ersten Sure des Korans ist al-Fatiha, was auf Deutsch soviel bedeutet wie „die Eröffnende“. Sie eröffnet den gesamten Koran mit seinen 114 Suren. Im Arabischen ist es oft ein Hinweis auf die Wichtigkeit einer Sache, wenn diese unter mehreren Namen bekannt ist. So hat etwa der Tag, an dem die Welt endet und die Menschen auferweckt werden, viele Namen: Der Tag des Gerichts [Koran 1:4], der Jüngste Tag [Koran 2:8], der Tag der Auferstehung [Koran 2:85] und noch viele mehr. Auch die al-Fatiha besitzt noch andere Bezeichnungen. Eine davon ist „die Mutter des Korans“ oder „die Mutter des Buches“ [Tirmidhi]. Diese Namen schließen zwei Gesichtspunkte mit ein. Zum Einen ist die Mutter des Korans den anderen Kapiteln vorangestellt, ähnlich wie eine Mutter ihren Kindern vorangestellt ist. Die anderen Suren folgen also der al-Fatiha. Zum Anderen bedeutet die Bezeichnung „Mutter“ auf Arabisch auch, dass eine Sache eine andere umfasst. Die islamischen Gelehrten sind der Meinung, dass die Sure al-Fatiha die Bedeutung des gesamten Korans umfasst. Die Themen, die im restlichen Koran ausführlich beschrieben werden, beschreibt sie in Kurzform.

Ein weiterer Name der Sure ist „die sieben sich wiederholenden Verse“. Mit diesem Namen bezeichnete der Prophet Muhammad die Sure in einem Hadith und sagte darin auch, dass sie die bedeutsamste Sure im ganzen Koran sei [Bukhari].

Al-Fatiha im Gebet

Wird Sure al-Fatiha als “die sieben sich wiederholenden Verse“ beschrieben, so deutet das auch auf ihre Wichtigkeit im rituellen Gebet hin. Der Prophet, Friede sei mit ihm, sagte: „Wer das rituelle Gebet verrichtet, ohne dabei die Mutter des Korans zu rezitieren, so ist das Gebet unvollständig (bzw. ungültig).“ [Tirmidhi].

In jeder einzelnen Gebetseinheit wiederholen Muslime die Sure al-Fatiha, also mindestens siebzehn Mal täglich. Das macht sie zu einem der Texte, die weltweit am häufigsten wiederholt und auswendig gelernt werden.

Die Erklärung (Tafsir) der Sure

Als Tafsir bezeichnet man eine Erläuterung des Korans, die auf den Aussagen der islamischen Gelehrten beruht. Eine solche Erklärung soll hier für die Sure al-Fatiha gegeben werden. Zunächst einmal der arabische Text der Sure, gefolgt von der deutschen Bedeutung:

Bismi Allāhi Ar-Ramāni Ar-Raīm. (1)

Al-amdu Lillāhi Rabbi Al-ʿĀlamīn. (2)

Ar-Ramāni ar-Raīm. (3)

Māliki Yawmi ad-Dīn. (4)

Īyāka Naʿbudu Wa ʾĪyāka Nastaʿīn. (5)

Ihdinā Aṣ-Ṣirāṭa al-Mustaqīm(6)

Ṣirāṭa al-Ladhīna ʿAnʿamta ʿAlayhim Ghayri Al-Maghḍūbi ʿAlayhim Wa Lā Aḍ-ḍāllīn. (7)

Ungefähre Übersetzung: 

Mit dem Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen. (1)

(Alles) Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten, (2)

dem Allerbarmer, dem Barmherzigen, (3)

dem Herrscher am Tag des Gerichts. (4)

Dir allein dienen wir, und zu Dir allein flehen wir um Hilfe. (5)

Leite uns den geraden Weg (6)

Der Weg derjenigen, denen Du Gunst erwiesen hast, und nicht derjenigen, die (Deinen) Zorn erregt haben und nicht der Irregehenden. (7)

Es ist der arabische Text, der im Gebet rezitiert wird und daher auch auswendig gelernt werden muss. Zum Verständnis ist es jedoch auch wichtig, die Bedeutung dieser Verse zu kennen.

Im Gebet rezitiert man vor der Fatiha die Worte „Aʿudhu billahi mina Schaittani r-Aadjim“- „Ich suche Zuflucht bei Allah vor dem verfluchten Schaytan“. Schaytan ist die arabische Bezeichnung für den Teufel. Mit diesen Worten bittet man Allah, den Allmächtigen, dass er einen bewahrt und vor dem Schaytan beschützt. Man rezitiert sie immer, bevor man mit der Lesung des Korans beginnt, und auch vor dem rituellen Gebet.

Es folgt der erste Vers der Fatiha: Bismi Allahi Ar-Rahmani Ar-Rahimi- „Mit dem Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen“. Alle Suren bis auf die Sure at-Tauba fangen mit dieser Formel an, mit der man sowohl die Lesung des Korans als auch alle anderen guten Taten beginnt. Sie drückt aus, dass eine Tat nur ausgeführt wird, um dadurch Allahs Segen und Sein Heil zu erlangen. Dabei fällt auf, dass dieser erste Vers drei Namen Gottes beinhaltet: Zunächst Allah, welches der Eigenname des Allmächtigen ist. Niemand außer Ihm besitzt diesen Namen. Allah ist es, der alles erschuf, Er besitzt die schönsten Namen und Allah ist davon der wichtigste. Daher steht er hier auch an erster Stelle. „Ar-Rahman“ ist ein weiterer Name Allahs, der ausdrückt, dass Allah der Allerbarmer ist, der barmherzig zu Seiner Schöpfung ist. Dagegen drückt der Name „Ar-Rahim“ speziell Allahs Barmherzigkeit gegenüber Seinen gläubigen Dienern aus.

Der Vers Al-amdu Lillāhi Rabbi Al-ʿĀlamīn - bedeutet „(Alles) Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten“. Mit diesem Vers lobpreist der Muslim Allah. Seine Eigenschaften sind vollkommen, und Er gibt den Geschöpfen zahllose Gaben, für die sie Ihm dankbar sein müssen. Ihm allein gebührt alles Lob der Welt, denn Er ist der Herr der Welten.

Der dritte Vers wiederholt die Namen Allahs, die im ersten Vers bereits genannt wurden: Ar-Ramāni ar-Raīm - „dem Allerbarmer, dem Barmherzigen“. Die barmherzigen und verzeihenden Eigenschaften Allahs sollten den Muslim dazu anregen, selbst auch barmherzig zu sein. Sei es im Familienleben oder im Umgang mit Fremden oder Kollegen, Barmherzigkeit ist eine Tugend im Islam, die jeder Muslim zu seinem Charakter machen sollte.

Māliki Yawmi ad-Dīn - “der Herrscher am Tag des Gerichts“. Nach den vorherigen Eigenschaften und Namen Allahs folgt hier eine weitere Seiner Besonderheiten, Seine Macht am Jüngsten Tag. An diesem Tag wird keines der Geschöpfe mehr über Macht verfügen, selbst die Herrscher des Diesseits beugen sich dem einzigen Herrscher dieses Tages, der mit der Wahrheit richtet. Liest man diesen Vers mehrmals täglich, so erinnert man sich an das Jenseits. Dies führt zu mehr Motivation, sich durch gute Taten und das Unterlassen von Übel besser auf das Leben nach dem Tod vorzubereiten.

Der nächste Vers greift das Konzept des Glaubens an einen Gott auf: Īyāka Naʿbudu Wa ʾĪyāka Nastaʿīn - „Dir allein dienen wir, und zu Dir allein flehen wir um Hilfe“. Alle Gottesdienste, die Gebete, das Fasten und allgemein die Taten werden nur für Allah verrichtet. Nichts davon darf einen anderen Beweggrund, wie das Wohlgefallen der Menschen oder einen weltlichen Vorteil, haben. Auch bei Problemen wendet sich ein Muslim zunächst an Allah und erhofft sich Seine Hilfe. Es gilt zu verstehen, dass nur Allah in der Lage ist, die Lage eines Menschen zu verbessern. Und dies ist Ihm ein Leichtes, denn so sagt Er auch: „Allah schafft ebenso, was Er will; wenn Er etwas beschlossen hat, spricht Er nur zu ihm: „Sei!“ und es ist.“ [Koran 3: 47].

Anschließend folgt ein Vers, der gleichzeitig ein Bittgebet darstellt: Ihdinā Aṣ-Ṣirāṭa al-Mustaqīm - „Leite uns den geraden Weg“. Mit diesem Vers bittet der Diener Allah, ihm den richtigen Weg zu zeigen, der ins Paradies führt. Allah ist Derjenige, der rechtleitet, und Er kann die Rechtleitung auch entziehen, wenn Er will.

Der letzte Vers beschreibt diesen geraden Weg genauer: Ṣirāṭa al-Ladhīna ʿAnʿamta ʿAlayhim Ghayri Al-Maghḍūbi ʿAlayhim wa Lā Aḍ-ḍāllīn. - „Der Weg derjenigen, denen Du Gunst erwiesen hast, und nicht derjenigen, die (Deinen) Zorn erregt haben, und nicht der Irregehenden.“ Man bittet also, den Weg der Rechtschaffenen und wahrhaftigen Menschen einzuschlagen. So erlangt man mit Allahs Erlaubnis Sein Wohlgefallen und erregt nicht Seinen Zorn wie diejenigen, die die Wahrheit wissen, jedoch nicht danach handeln. Auch sucht man Zuflucht davor, zu sein wie die Irregehenden, die zwar handeln, dies aber nicht auf Wissen basieren.

Nach dem Rezitieren der Sure al-Fatiha sagt man „Amin“, was so viel bedeutet wie: „Allah, nimm dies von uns an“.

Fazit

Die Sure al-Fatiha vereint die Lobpreisung Allahs anhand Seiner Namen und Eigenschaften mit dem Ausdruck des Monotheismus und des Gottesvertrauens. Die letzten Zeilen beinhalten ein Bittgebet für das Wichtigste, was ein Muslim erbitten kann: andauernde Rechtleitung, die ihn ins Paradies führt. Dies macht diese kurze Sure unglaublich umfassend. Dadurch, dass sie in jedem Gebet rezitiert werden muss, ist es für jeden Muslim eine Pflicht, sie auswendig zu lernen und auch zu verstehen.

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