Einführung in die Sunna des Propheten ﷺ

sunna 03.02.2023
propheticmosque

Die prophetische Sunna entspricht im Stellenwert dem Koran und ist die zweite Offenbarungsquelle im Islam, was sie für die Muslime unglaublich wichtig macht. Daher klärt dieser Artikel die wichtigsten Fragen bezüglich der Sunna, wie ihre Bedeutung und warum man ihr als Muslim folgen muss. Zusätzlich beleuchtet der Artikel, wie die Sunna über die Jahre hinweg authentisch bewahrt werden konnte und gibt eine kurze Einführung in die Hadithkritik.

Definition

Der Begriff Sunna stammt aus dem Arabischen und bedeutet so viel wie „Weg“ oder „Lebensweise“. Im islamischen Kontext benutzt man das Wort für all die Informationen über das Leben und die Aussagen des Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm, die außerhalb des Korans erwähnt werden. Genauer zählen zu der prophetischen Sunna:

  • Aussagen des Propheten, Friede sei mit ihm
  • Handlungen des Propheten, Friede sei mit ihm
  • Dinge, die er stillschweigend geschehen ließ und somit billigte
  • Beschreibungen des Aussehens und des Charakters des Propheten

In der heutigen Zeit wird das Wort „Sunna“ auch oft für Handlungen genutzt, die der Prophet zwar durchführte, die jedoch keine Pflicht im Islam sind. So bezeichnet man etwa freiwillige Gebete oft als „Sunna-Gebete“.

Die Pflicht, der Sunna zu folgen

Die Sunna stellt einen wesentlichen Aspekt des gesamten islamischen Systems dar. Während im Koran Pflichten und Gebote beschrieben sind, ist es oft die Sunna, die erklärt, wie genau diese umzusetzen sind. Allah schreibt im Koran den Gläubigen beispielsweise das Gebet vor. Er gibt Anweisungen zur Gebetsrichtung und der Gebetswaschung. Die genaue Art, wie ein Muslim betet und welche Bittgebete wann aufzusagen sind, zeigte jedoch der Prophet, Friede sei mit ihm. Durch sein Vorbild wissen die Muslime, wie sie den im Koran beschriebenen Islam praktisch ausleben können. So sagt Allah:

Ihr habt ja im Gesandten Allahs ein schönes Vorbild, (und zwar) für einen jeden, der auf Allah und den Jüngsten Tag hofft und Allahs viel gedenkt.“ [Koran 33:21].

Dieser Vers zeigt, dass Allah selbst den Propheten als ein Vorbild für die Muslime einsetzte. Das Befolgen seiner Anweisungen führt außerdem zum Guten:

Wer nun Allah und Seinem Gesandten gehorcht, den wird Er in Gärten eingehen lassen, durcheilt von Bächen, ewig darin zu bleiben; und das ist ein großartiger Erfolg.“ [Koran 4:13].

Das Befolgen des Propheten führt auch deshalb ins Paradies, weil er über die Religion niemals aus eigenem Ermessen sprach. Vielmehr gab Allah ihm ein, welche Gebote er neu verkünden sollte oder welche alten Regeln abgeändert werden mussten. Aus diesem Grund sind die Aussagen des Propheten über die Religion als Offenbarung anzusehen, was es zu einer Pflicht macht, ihnen zu folgen. Sie ergänzen und erklären die Inhalte des Korans und sind somit nicht von ihm zu trennen.

Die wichtigsten Werke

Da die Sunna, wie schon erwähnt, nicht im Koran zu finden ist, bedient man sich den Hadithen. Ein Hadith (Arabisch Plural: Ahadith) ist eine einzelne Kurzaufnahme des Propheten, Friede sei mit ihm. Es handelt sich dabei um ein Zitat oder eine kurze Geschichte über sein Leben und seine Lehren. Die Gefährten des Propheten (Sahaba) hielten diese Hadithe fest und überlieferten sie über Generationen hinweg entweder auswendig oder auch schriftlich.

Die früheren Gelehrten machten es sich oft zur Aufgabe, diese Hadithe zu sammeln und in umfassenden Werken niederzuschreiben. Die bekanntesten dieser Werke sind:

  • Sahih al-Bukhari
  • Sahih Muslim
  • Sunan Abi Dawud
  • Sunan an-Nasai
  • Sunan at-Tirmidhi
  • Sunan Ibn Majah

Die Hadithe der ersten beiden Werke, Sahih al-Bukhari und Sahih Muslim, gelten alle als authentisch und zuverlässig. Dies, da die Autoren darin nur die Überlieferungen aufnahmen, die den höchsten Ansprüchen der Gelehrten entsprachen und dementsprechend sicher richtig waren. Auch der Inhalt der anderen Bücher ist meist authentisch, doch man sollte ihre einzelnen Hadithe immer auf ihre Authentizität prüfen. Für einen Laien bietet es sich hier an, bei einem Gelehrten nachzufragen.

Die Bewahrung der Sunna

Wie bereits erwähnt ist die Sunna ein Aspekt des Islams, auf den das Verständnis der Religion aufbaut. Daher ist es wichtig, Vertrauen in die Authentizität der Überlieferungen zu haben und diese auch zu gewähren. Nicht jede Aussage, die dem Propheten, Friede sei mit ihm, zugeschrieben wird, ist wirklich authentisch und stammt von ihm. Schon zur Zeit der Prophetengefährten kam es vor, dass diese Zweifel an einer bestimmten Aussage hegten und sie überprüfen mussten. Mit dem Tod des dritten Kalifen Uthman, möge Allah mit ihm zufrieden sein, wurde dieses kritische Denken stärker. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es niemanden, der dem Propheten, Friede sei mit ihm, eine falsche Aussage zugeschrieben hätte. Alle die Gefährten des Propheten gelten als zuverlässig, denn sie wurden selbst von Allah mehrfach im Koran gelobt [etwa 3:172; 48:10].

Sie waren ein Mittel, mit dem Allah die Bewahrung der Sunna sicherstellte. Durch das Wissen der Gefährten, dass Muhammad, Friede sei mit ihm, der letzte Prophet war, waren sie sich bewusst, dass sie seine Lehren aufbewahren mussten. Sowohl die Männer als auch die Frauen der Generation des Propheten spielten eine wichtige Rolle in der Weitergabe der Sunna. Und so schrieben sie nicht nur den Koran, sondern auch viele Hadithe nieder. Dabei waren sie so gewissenhaft, dass sie manchmal Angst hatten, auch unabsichtliche Aussagen des Propheten festzuhalten. Als Muhammad, Friede sei mit ihm, davon erfuhr, ermutigte er seine Gefährten, die Aufzeichnungen weiterzuführen. Er sagte: „Schreibt, denn bei Demjenigen, in Dessen Hand meine Seele ist (Gott), verlässt sie nichts als die Wahrheit“ [Al-Albaani; Abu Dawud]. Damit meinte er, dass er nichts sagte, außer der Wahrheit. Auch seine persönliche Laune oder Meinung beeinflusste dies nicht.

Kriterien an Überlieferungen

Parallel zur schriftlichen Überlieferung wurde die Sunna auch durch die mündliche Übertragung bewahrt. Die Araber zur Zeit des Propheten, Friede sei mit ihm, waren für ihr gutes Gedächtnis bekannt. Es war ein Leichtes für sie, lange Gedichte, Botschaften oder andere wichtige Aussagen Wort für Wort auswendig zu lernen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sie auch die Aussagen des Propheten im Kopf behalten und Wort für Wort weitergeben konnten. Dazu ist die Glaubwürdigkeit der Prophetengefährten nicht zu bestreiten. Doch diejenigen, die nach ihnen kamen, wurden kritischer betrachtet. So fingen die Muslime mit der Zeit an, nach den Überlieferungsketten zu fragen.

Die Überlieferer, egal ob sie auf mündlichem oder schriftlichem Weg überlieferten, mussten viele Voraussetzungen erfüllen, damit man ihre Aussage akzeptierte. So muss ein Überlieferer für sein gutes Gedächtnis bekannt sein oder die Fähigkeit besitzen, die Aussagen richtig aufzuschreiben und weiterzugeben. Diese beiden Punkte sind die Hauptbestandteile der sogenannten Verlässlichkeit, die gegeben sein muss, damit ein Hadith akzeptiert wird. Darüber hinaus muss auch der Ruf des Überlieferers der eines ehrlichen und frommen Muslim sein. Weder darf er dafür bekannt gewesen sein, zu betrügen oder zu lügen, noch darf er in irgendeiner anderen Form als unverlässlich gelten. Ist dies der Fall, so werden seine Überlieferungen alle abgelehnt.

Die Wichtigkeit der Überlieferungskette (Isnad)

Um die Authentizität eines Hadith bis zum Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm, zurückverfolgen zu können, spielt ein anderes Mittel eine wichtige Rolle: Die Überlieferungskette (Isnad). Durch dieses System unterscheiden sich die Überlieferungen der Muslime von denen aller anderen Religionsgemeinschaften. Der Isnad nimmt alle Personen mit auf, die an der Überlieferung eines Hadith beteiligt waren. Sie beginnt dort, wo eine Person ihre Informationsquellen angibt und verfolgt diese rückwirkend bis zum Propheten, Friede sei mit ihm. Ein Überlieferer sagt also nicht: „Der Prophet Muhammad, Friede sei mit ihm, sagte: […]“. Vielmehr sagt er: „Ich hörte von [Name], dass er von [Name] hörte, dass der Prophet, Friede sei mit ihm, sagte: […]“.

In dieser Form wird eine gängige Überlieferungskette angegeben. Ist in der Kette ein Überlieferer unverlässlich oder unehrlich, so bringt dies Zweifel in die gesamte Aussage. Dementsprechend wird der Hadith dann von den Gelehrten nicht akzeptiert. Die Hadithkritik stellte bereits früh eine islamische Wissenschaft dar. Die Gelehrten dieser Wissenschaft sammelten schon in den Anfangszeiten Biografien der Überlieferer. Anhand dieser ist es auch heute noch möglich, die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit eines Überlieferers zu überprüfen. Die Einstufung der Überlieferer führte zur Entwicklung der einzigartigen Wissenschaft des jarh wa al-ta`dil. Darin werden die Leben sowie die akademischen und moralischen Qualitäten von tausenden Überlieferern im Detail diskutiert und festgehalten. Um die Sunna zu wahren, reisten frühe Gelehrte oft monatelang in verschiedene islamische Metropolen. So recherchierten und verifizierten sie die Quellen eines Hadith, indem sie Hadithsammler und Überlieferer trafen. Schließlich übertrugen diese Gelehrten die Sammlungen anderer Gelehrter in ihre eigenen Werke.  

Die Einstufung von Hadithen

Diese frühen Gelehrten studierten die verschiedenen Hadithe und Aussagen, die dem Propheten zugeschrieben wurden, eingehend. Daraus resultierte die Einteilung in authentische und schwache Hadithe. Nur die Überlieferungen, die die Bedingungen an die Authentizität erfüllen konnten, werden als zuverlässig angesehen und angenommen. Jene unterscheiden sich nochmals in sahih (authentisch) und hasan (gut oder akzeptabel). Schwache (daif) Hadithe hingegen können entweder als schwach, sehr schwach oder als ausgedacht klassifiziert werden. Keine dieser Kategorien wird als verlässlich angesehen.

Fazit

Die Sunna des Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm, ist als authentische Quelle über das Leben des Propheten von enormer Wichtigkeit für die Muslime. Auch der Koran, die erste Offenbarungsquelle des Islam, spricht ihr diese Wichtigkeit zu und fordert die Gläubigen auf, ihr zu folgen. Allah, der Erhabene, bewahrt den Koran und die Sunna als Offenbarungsquellen unverfälscht bis zum Jüngsten Tag. Dass die Sunna auch wirklich authentisch ist, wird klar, wenn man die Anstrengungen sieht, die die Gelehrten seit der Zeit des Propheten auf sich nahmen, um sie zu schützen. Überlieferer und Überlieferungsketten wurden oft mehrfach festgehalten und analysiert. Dies macht die Sunna zu einer Quelle, die sicher auf den Propheten zurückzuführen ist, sowie den Islam zu der Religion mit den authentischsten Offenbarungstexten.  

 

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