Die Barmherzigkeit Allahs
27.03.2023
Von allen Eigenschaften, mit denen sich Allah selbst beschreibt, ist die Barmherzigkeit wohl die bekannteste. Dies zum einen deshalb, weil schon während des Gebets und beim Lesen des Korans immer die Worte „Bismillahi-r-rahmanir-rahim“ fallen: „Mit dem Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen“. Im Koran und auch in den Ahadith wird diese Eigenschaft Allahs vielfach aufgegriffen und näher erläutert. Daher widmet sich dieser Artikel der Barmherzigkeit des Schöpfers, indem er den Begriff zunächst definiert. Es folgen Verse des Korans und Überlieferungen des Propheten, Friede sei mit ihm, die von der Güte Allahs sprechen. Der Artikel endet mit der Schlussfolgerung, was diese Barmherzigkeit für den einzelnen Muslim bedeutet.
Definition der Barmherzigkeit
Allah, der Erhabene, nennt sich selbst im Koran bei 99 Namen, wovon zwei Ar-Rahman und Ar-Rahim sind. Diese stammen von dem arabischen Wort Rahmah ab, das so viel bedeutet wie Erbarmen. Doch auch Gnade, Güte oder Mitleid beschreiben die Bedeutung von Rahmah. Wirft man einen Blick auf die Wortwurzel (ra-hi-ma), so fällt auf, dass auch das arabische Wort für die Gebärmutter bzw. für den Mutterleib darauf zurückzuführen ist. Dies bedeutet, dass die Barmherzigkeit sprachlich mit der Gebärmutter verwandt ist, was dem Wort Rahmah eine bildliche Erklärung liefert. Ein jeder Mensch wird von Allah beschützt, versorgt und geborgen gehalten, genau wie der Mutterleib ein Kind gleichzeitig versorgt und beschützt. Wie der Mutterleib ein Kind umgibt, so umgibt die Barmherzigkeit Allahs die gesamte Menschheit und genau wie das Kind auf seine Mutter angewiesen ist, so sind es auch die Menschen auf ihren Schöpfer.
Aus dieser Bedeutung ergibt sich, dass Allah der Gnädige, ist, der sich allen erbarmt und der Barmherzige, voll der Gnaden. Der Name Ar-Rahman steht dabei allgemein für die Barmherzigkeit Allahs gegenüber Seiner kompletten Schöpfung, was die Menschen, aber auch die Pflanzen und Tiere mit einschließt. Ar-Rahim bezieht sich dagegen speziell auf die Barmherzigkeit Allahs den Gläubigen gegenüber, wie aus dem Tafsir von al-Qurtubi zu entnehmen ist.
Beispiele in den Offenbarungsquellen
Die Barmherzigkeit Allahs ist allgegenwärtig, wessen die Menschen oftmals unbewusst sind. Die 55. Sure des Koran trägt den Namen „Ar-Rahman“. In diesem Kapitel zählt Allah sämtliche Seiner Gnadenerweise an die Menschen und die Dschinn auf, angefangen mit der Schöpfung der Erde und ihrer Bewohner bis zum Leben im Jenseits. Seine Barmherzigkeit zeigt sich in der Natur, die Nahrung und Lebensgrundlage für die Schöpfung darstellt. Für jedes Lebewesen ist gesorgt. Dabei erstreckt sich Allahs Barmherzigkeit nicht nur auf die Muslime, vielmehr sagt Er im Koran:
„Mit Meiner Strafe treffe Ich, wen Ich will, aber Meine Barmherzigkeit umfasst alles.“ [Koran 7: 156].
Sie umfasst also auch diejenigen, die Allah verleugnen, denn auch sie werden aus den Himmeln und von der Erde mit Nahrung, Gesundheit und Lebensunterhalt versorgt. Sie sind lediglich nach dem Tod von Seiner Barmherzigkeit ausgenommen. Der größte Gnadenerweis Allahs ist, dass er einem Menschen das Herz für den Islam öffnet, denn darin liegt der wahre Erfolg sowohl im Diesseits als auch im Jenseits. Es ist weiterhin ein Hinweis auf Seine Barmherzigkeit, dass Er den Menschen den Islam durch Propheten übermittelte. Dies gipfelt im Herabsenden des letzten Buches, des Korans. Über diesen sagt Allah, dass er „eine Rechtleitung und Barmherzigkeit für die Gläubigen“ [Koran 10: 57] sei. Anschließend sagt Er:
„Sag: Über die Huld Allahs und über Seine Barmherzigkeit, ja darüber sollen sie froh sein. Das ist besser als das, was sie zusammentragen.“ [Koran 10: 58]
Somit liegt im Koran die größte Barmherzigkeit Allahs gegenüber der Schöpfung. Aus ihm ist der Lebensweg des Islams zu entnehmen, der die Gläubigen zur Glückseligkeit im Diesseits und im Jenseits führt. Da Allah immer gerecht ist, gibt Er jedem die Chance, dieses Buch zu lesen, indem Er es seit seiner Herabsendung unverfälscht bewahrte.
Zu den Gläubigen zeigt Allah sich auch nach ihrem Tod barmherzig. Während des Lebens gilt außerdem für alle, dass sie jederzeit ihre Sünden bereuen, den Islam annehmen und zu Allah zurückkehren können. Als Nichtmuslim wird einem alles Vorherige verziehen, wenn man den Islam annimmt, doch auch ein Muslim kann jede seiner Sünden bereuen und darf darauf hoffen, dass Allah sie in Seiner Barmherzigkeit vollständig tilgt. Dies sagt Allah an vielen Stellen des Korans, etwa an folgender:
„Sag: O Meine Diener, die ihr gegen euch selbst maßlos gewesen seid, verliert nicht die Hoffnung auf Allahs Barmherzigkeit. Gewiss, Allah vergibt die Sünden alle. Er ist ja der Allvergebende und Barmherzige.“ [Koran 39: 53]
In diesem Vers spricht Allah vor allem von Seiner Barmherzigkeit, mit der Er die Sünden der Menschen vergibt, wenn sie bereuen. Dabei ist keine Sünde zu groß und kein Mensch zu weit abgeirrt. Die Gnade Allahs kann mit nichts verglichen werden, was von dieser Welt bekannt ist. Um einen Einblick darin zu geben, wie groß die Barmherzigkeit Allahs ist, sagte der Prophet, Friede sei mit ihm: „Allah teilte die Barmherzigkeit in hundert Teile auf. Er behielt 99 Teile davon und sandte nur einen zur Erde herab.“ Von diesem einen Teil ist die Barmherzigkeit, die von den Geschöpfen untereinander bekannt ist. Der Prophet, Friede sei mit ihm, gab dann das Beispiel eines Pferdes an, das seinen Huf hebt, um damit nicht sein Junges zu verletzen [Bukhari, Muslim]. Auch die Liebe einer menschlichen Mutter zu ihrem Kind zählt in dieses Hundertstel der gesamten Barmherzigkeit hinein. So sagte der Prophet, Friede sei mit ihm, in einer anderen Überlieferung auch, dass Allah noch viel barmherziger zu Seinem Diener ist, als eine Mutter zu ihrem Kind [Bukhari, Muslim].
Die Barmherzigkeit Allahs hört niemals auf und ist weitaus größer als Seine strafenden Eigenschaften. Als Er die Schöpfung vollbracht hatte, schrieb Allah daher in Seinem Buch nieder: „Wahrlich, Meine Barmherzigkeit überwiegt Meinen Zorn.“ [Bukhari, Muslim]. Somit schrieb sich Allah selbst Barmherzigkeit vor, und was Er bestimmt, das geschieht.
Die Religion der Barmherzigkeit
Aus dem, was Allah und Sein Prophet über Seine Barmherzigkeit berichteten, ergibt sich, dass es niemanden gibt, der barmherziger zu den Menschen ist als Allah. Nicht einmal selbst ist man derart gnädig zu sich. Daher liebt der Muslim niemanden mehr als Allah und ist Ihm in Dankbarkeit gehorsam, denn die Gnade Allahs umfasst mehr, als man je aufzählen könnte. Da Allah der Barmherzigste ist, liebt Er folglich die Barmherzigkeit, die gesamte Religion des Islams ist unter der Religion der Barmherzigkeit bekannt. Dies sollte ein Ansporn sein, selbst auch einer der Barmherzigen zu werden und sowohl Freunde und Familie, als auch Fremde, Tiere und die Umwelt gütig zu behandeln. Denn der Prophet, Friede sei mit ihm, sagte: „Dem Barmherzigen wird Barmherzigkeit gezeigt seitens desjenigen, der am barmherzigsten ist. So sei barmherzig zu denen auf der Erde, auf dass Der in den Himmeln ist, zu dir barmherzig ist“ [Tirmidhi].
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