Der Glaube an die Engel
19.01.2023
Der feste Glaube an die Engel stellt eine der sechs Säulen des Iman dar. Zu diesem Glauben gehört es auch, dass man eine Vorstellung darüber hat, was ein Engel überhaupt ist. Viele verschiedene Mythen und Vorstellungen aus lang vergangener Zeit kursieren über dieses Thema. Daher widmet sich dieser Artikel der Frage, was der Glaube an die Engel eigentlich bedeutet. Er deckt auf, wie die islamischen Offenbarungsquellen die Engel beschreiben und welche Eigenschaften sie besitzen.
Eine Säule des Iman
Das Wort „Iman“ beschreibt in der arabischen Sprache den festen Glauben im Herzen. Dabei ist nicht der Glaube gemeint, der eine Vermutung, aber keine Sicherheit darstellt, wie das Wort im Deutschen oft verwendet wird. Al Iman steht für die Bestätigung, dafür, dass man eine Sache für wahr erklärt. Begleitet wird dieser feste Glaube von einem Gefühl der Ruhe und der Sicherheit, das aus der vollen Überzeugung resultiert.
Im berühmten Gabriel-Hadith definierte der Prophet, Friede sei mit ihm, die fünf Säulen des Islams ebenso wie die sechs Säulen des Imans. Letztere beinhalten den Glauben an Allah sowie an Seine Engel, Seine Bücher und Seine Gesandten, den Glauben an den Jüngsten Tag und an die göttliche Vorherbestimmung [Muslim, Nawawi]. Der Glaube an die Engel stellt die zweite Säule des Iman dar.
Das Engelsbild im Islam
Um von etwas überzeugt sein zu können, ist es essentiell, darüber so gut wie möglich Bescheid zu wissen. Muslime wissen über die Engel nur das, was aus dem Koran und der authentischen Sunna bekannt ist, denn das Wissen über sie gehört zu den verborgenen Dingen. Menschen können die Engel in ihrer wahren Gestalt nicht sehen und sie sich folglich auch nicht so vorstellen, wie sie wirklich aussehen. Das islamische Engelsbild unterscheidet sich von dem der anderen Religionen zunächst dadurch, dass im Islam die Engel als eine Schöpfung Allahs gesehen werden. Sie besitzen keinerlei göttliche Eigenschaften und sind selbst nicht göttlich. Daher verbietet Allah den Menschen im Koran auch, die Engel anzubeten, denn dies ist Unglaube:
„Und (es steht ihm nicht zu,) euch zu befehlen, die Engel und die Propheten zu Herren zu nehmen. Sollte er euch den Unglauben befehlen, nachdem ihr (Allah) Ergebene seid?“ [Koran 3: 80]
Als Schöpfung eines allwissenden Schöpfers wurden die Engel, genau wie die Menschen und die Dschinn, von Allah erschaffen. Der Prophet, Friede sei mit ihm, sagte, dass die Engel aus Licht erschaffen wurden [Muslim]. Sie dürfen jedoch, anders als Menschen und Dschinn, nicht als männlich oder als weiblich beschrieben werden. Besonders die christliche Kunst stellt Engel oft als weiblich dar. Allah widerlegt diese Darstellung im Koran mit den Worten:
„Und sie machen die Engel, die sie ja Diener des Allerbarmers sind, zu weiblichen Wesen. Waren sie denn Zeugen ihrer Erschaffung? Ihr Zeugnis wird aufgeschrieben, und sie werden befragt werden.“ [Koran 43: 19].
Was der obige Vers ebenso impliziert, ist, dass die Engel Diener des Allerbarmers, also Allahs sind. In ihrer Dienerschaft sind sie Allah treu. Die Engel verfügen nicht über einen freien Willen, wie die Menschen und die Dschinn ihn haben. Dies führt dazu, dass sie nicht in der Lage sind, sich Allahs Befehl zu widersetzen, sondern alles tun, was Er ihnen befielt [Koran 66:6].
Aspekte des Glaubens an die Engel
Es gibt bei dem Glauben an die Engel einige Aspekte, die ein Muslim nicht abstreiten darf. Dazu gehört zunächst, dass man an die Existenz der Engel glauben muss, auch, wenn man sie nicht sehen kann. Auch die feste Überzeugung, dass eine unvorstellbar große Anzahl an Engeln vorhanden ist, gehört zu diesem Glauben. Dies kann mehreren Hadithen entnommen werden. So sagte der Prophet, Friede sei mit ihm, etwa, dass am Tag der Auferstehung mehrere Milliarden Engel das Höllenfeuer herbeibringen werden [Muslim]. Wie viele Engel es insgesamt gibt, weiß nur Allah.
Der Glaube an ihre Beschreibungen
Auch wenn ein Mensch sich einen Engel unmöglich bildlich vorstellen kann, so ist es doch für ihn verpflichtend, an die Beschreibungen aus Koran und Sunna zu glauben. Diese weisen darauf hin, dass Engel unvorstellbar groß und stark und doch wunderschön sind. Allah erklärt im Koran, dass sie außerdem Flügel besitzen:
„(Alles) Lob gehört Allah, dem Erschaffer der Himmel und der Erde, Der die Engel zu Gesandten gemacht hat mit Flügeln, (je) zwei, drei und vier! Er fügt der Schöpfung hinzu, was Er will“ [Koran 35: 1].
Nicht jeder Engel besitzt die gleiche Anzahl an Flügeln. Der Engel Gabriel (Jibril), der wohl bekannteste aller Engel, wird in den Offenbarungstexten als besonders groß und gewaltig beschrieben. Er hat 600 Flügel, welche den kompletten Horizont verdecken [Bukhari]. Da der Prophet, Friede sei mit ihm, ihn zweimal in seiner wahren Gestalt sah, konnte er diesen Engel beschreiben. Die Flügel Jibrils sind grün, und von jedem fallen Perlen, Rubine und Diamanten herab [Ahmad]. Dies deutet auf die Schönheit der Engel hin. Sie wird auch dadurch deutlich, dass der Koran den Propheten Yusuf mit seiner Schönheit als engelsgleich beschreibt [Koran 12: 31]. Eine genauere Vorstellung der Größe eines Engels erhält man durch den Hadith, in dem der Prophet, Friede sei mit ihm, sagte: „Einer der Engel, die Allahs Thron tragen, ist so groß, dass die Distanz zwischen seinem Ohrläppchen und seiner Schulter eine Reise von 700 Jahren darstellt“ [Abu Dawud].
In Anbetracht dessen, dass Engel aus Licht erschaffen wurden, ist ihre enorme Größe verständlich. Licht bewegt sich mit unvorstellbar großer Geschwindigkeit und nicht selten reicht schon das Licht einer kleinen Taschenlampe viele Meter weit.
Der Glaube an ihre Namen und Aufgaben
Zum Iman an die Engel gehört auch der Glaube an ihre Namen und Aufgaben. Einige Engel werden namentlich in den Offenbarungsquellen genannt, allen voran der Engel Jibril. Im gleichen Vers wie Jibril wird auch der Engel Mikail im Koran erwähnt [Koran 2: 98]. Einen ähnlich hohen Rang hat der Engel Israfil, da er oft neben Jibril und Mikail genannt wird [Muslim]. Andere Engel, deren Namen bekannt sind, sind Malik, der Hüter der Hölle [Koran 43: 77], Munkar und Nakir, die den Verstorbenen im Grab befragen [Tirmidhi] und Harut und Marut, die den Babyloniern die Zauberei lehrten [Koran 2: 102].
Manche Engel sind nicht namentlich, sondern nur durch ihre Tätigkeit bekannt. Allah teilte allen Engeln eine gewisse Aufgabe zu, wie das Überbringen von Offenbarungen, womit Jibril beauftragt ist [Koran 2: 97]. Der Engel des Todes ist dafür zuständig, die Seelen der Menschen zu nehmen, wenn ihre Zeit abgelaufen ist [Koran 32: 11] und eine ganze Art von Engel ist damit beauftragt, die Taten der Menschen aufzuschreiben [Koran 82: 10-12].
Fazit
Der Glaube an die Engel ist die zweite Säule des Iman, ohne den der gesamte Glaube unvollständig ist. Daher ist es wichtig, die in den Offenbarungstexten beschriebenen Aspekte dieser Wesen zu akzeptieren, auch wenn sie unvorstellbar sind. Die Engel gehören zu den verborgenen Dingen, von denen die Menschen erst nach ihrem Tod vollständig erfahren werden. Viele Religionen versuchten deshalb, sich ein Bild zu machen, wie die Engel aussehen und welche Eigenschaften sie haben. Es gilt zu unterscheiden, was wirklich vom Islam ist und welche Vorstellungen man möglicherweise anderweitig übernommen hat. Sich mit den Eigenschaften der Engel zu beschäftigen, mehrt außerdem den Glauben. Aus der Gewaltigkeit dieser Geschöpfe lässt sich schließen, dass ihr Schöpfer noch um einiges gewaltiger sein muss, und dies verstärkt die Ehrfurcht vor Allah.
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