Der Gebetsruf (Adhan)

das gebet 23.01.2023
mosque

In islamischen Ländern, aber auch in einigen Städten im Westen ertönt fünfmal täglich der Ruf zum rituellen Gebet der Muslime. Oftmals führen hierzulande Nichtmuslime Debatten über diesen Aspekt des Islams und ob er in die Öffentlichkeit gehört. Dieser Artikel beleuchtet den Gebetsruf dagegen von einer islamischen Seite. Neben der Geschichte, wie dieser entstand, nennt er auch den genauen Wortlaut und dessen Bedeutung. Außerdem geht der Artikel auf die Vorzüge und Weisheiten hinter dem Ruf zum Gebet ein.

Definition

Der Gebetsruf ist Muslimen auch unter seinem arabischen Namen „Adhan“ bekannt. Rein linguistisch gesehen bedeutet dies „Verkündung“. Im islamischen Kontext versteht man darunter einen immer wiederkehrenden Text, der bestimmte Worte des Gedenken Gottes enthält. Wird dieser Text ausgerufen, so bedeutet das den Beginn der Zeit für das nächste Pflichtgebet. In Folge dessen legen Muslime jede weltliche Angelegenheit, wie ihre Arbeit oder andere Beschäftigungen, nieder. Sie treffen Vorbereitungen zum rituellen Gebet, verrichten die Gebetswaschung oder begeben sich zur Moschee.

Die Geschichte des Gebetsrufes

Nach der Auswanderung des Propheten, Friede sei mit ihm, nach Medina, existierte noch keine festgelegte Methode, wie jeder Muslim über das Eintreffen der Gebetszeit informiert werden konnte. Daher schlugen einige vor, wie die Christen eine Glocke zu nehmen und sie zu Beginn jeder Gebetszeit zu läuten. Andere schlugen eine Trompete vor, wie die Juden sie zu diesem Zweck benutzten [Bukhari]. Schließlich hatte der Gefährte Abdullah bin Zaid einen Traum. Darin sah er einen grün gekleideten Mann, der eine Glocke mit sich trug. Abdullah bin Zaid bat diesen Mann, ihm die Glocke zu verkaufen. Er plante, damit die Muslime zum Gebet zu rufen. Doch der Mann sagte zu ihm: „Soll ich dir nicht etwas Besseres zeigen als dies?“ Daraufhin rezitierte er die Zeilen, aus denen noch heute der Gebetsruf besteht.

Am nächsten Morgen ging Abdullah bin Zaid zum Gesandten Allahs, Friede sei mit ihm. Er erzählte ihm, was er geträumt hatte, woraufhin der Prophet ihn zu Bilal in die Moschee schickte. Er sollte ihm die Worte beibringen, von denen er geträumt hatte, denn Bilal war für seine kräftige Stimme bekannt. Als nun Bilal den Adhan das erste Mal ausrief, hörte Umar seine Worte, ging nach draußen und sagte: „Ich schwöre bei Allah, genau dies habe ich in meinem Traum gesehen“ [Ibn Majah]. Allah zeigte also nicht nur Abdullah bin Zaid, sondern auch Umar den Wortlaut des Adhan im Traum. Von dieser Zeit an gab es zwei vom Propheten angewiesene Gefährten, die den Adhan in der Prophetenmoschee in Medina ausriefen. Der ehemalige Sklave Bilal, der die Worte zuerst erlernte [Bukhari], und den blinden Gefährten Abdullah bin Umm Maktum [Bukhari, Abu Dawud]. 

Wortlaut und Bedeutung

Neben dem Adhan existiert noch ein zweiter Gebetsruf unmittelbar vor dem Gebet, die Iqama. Von der Bedeutung her ist dieser zweite Gebetsruf dem ersten ähnlich, dennoch sollen beide hier beschrieben werden.

Der Adhan

Der Adhan enthält folgende Aussagen des Gottesgedenkens, wobei die Anzahl, wie oft die entsprechende Aussage getätigt wird, hinten angegeben wird:

Allahu Akbar (Allah ist größer oder: Allah ist der Größte) 4x

Ash-hadu an la ilaha illal-lah (Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt) 2x

Ashhadu anna Muhammad ar-Rasool-lal-lah (Ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Allahs ist) 2x

Hayya ʿalas-salah (Komm zum Gebet) 2x

Hayya ʿalal-falah (Komm zum Erfolg) 2x

(As-Salatu khairu mina-naum (Das Gebet ist besser als der Schlaf) 2x- jedoch nur beim Morgengebet)

Allahu Akbar 2x

La ilaha illal-lah

Der Gebetsruf beginnt mit dem Takbir, der Aussage „Allahu Akbar“. Er wird auch am Ende noch einmal erwähnt. Durch die Aussage wirft man alle weltlichen Angelegenheiten hinter sich, denn Allah ist größer als alles und nichts hat über dem Treffen mit Ihm Priorität. Anschließend werden im ersten Teil der Schahada die beiden wichtigsten Punkte des Islams, das Bezeugen von Allahs Einheit und das Ableugnen aller anderen Gottheiten, vereint. Dies wird gefolgt vom zweiten Teil der Schahada, dem Bezeugen der Gesandtschaft Muhammads. Erst dann ruft man wirklich zum Gebet. Dies zeigt die Gewaltigkeit dieses Gottesdienstes auf, denn der Aufruf dazu folgt direkt nach der Lobpreisung Allahs und dem Glaubensbekenntnis. Der Ruf zum Gebet kann mit den Worten: „Komm zum Gebet, komm zum Erfolg“ übersetzt werden. Dadurch leitet sich ab, dass es das Gebet ist, das den Menschen den Erfolg gibt. Mit dem Adhan selbst bestätigt man den Lohn, den ein jeder Muslim für das Gebet erhält. An dieser Stelle fügt der Gebetsrufer beim Morgengebet die Zeilen „Das Gebet ist besser als der Schlaf“ ein. Anschließend endet der Ruf mit der Wiederholung des Takbirs und schließt ab mit den Worten „La ilaha illal-lah“. Dadurch wird abermals die Einheit Allahs bestätigt.

Die Iqama

Viele der islamischen Gelehrten sehen das Rufen des Adhan als eine freiwillige Tat an, während sie das Rufen der Iqama als verpflichtend betrachten. Daher sollte man diesen zweiten Gebetsruf in jedem Fall vor dem Gebet rezitieren. Für Frauen ist jedoch weder die Iqama noch der Adhan verpflichtend. Die Iqama unterscheidet sich in den verschiedenen Moscheen minimal in der Anzahl, wie oft die entsprechenden Teile wiederholt werden. Dies basiert auf Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gelehrten, auf welche der Laie sich aber nicht näher konzentrieren muss. Die bekannteste Variante der Iqama lautet:

Allahu Akbar (Allah ist größer oder: Allah ist der Größte) 2x

Ash-hadu an la ilaha illal-lah (Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt)

Ashhadu anna Muhammad ar-Rasool-lal-lah (Ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Allahs ist)

Hayya ʿalas-salah (Komm zum Gebet)

Hayya ʿalal-falah (Komm zum Erfolg)

Qad qamati-ssalah (Das Gebet beginnt) 2x

Allahu Akbar 2x

La ilaha illal-lah

Außer den Worten “Qad qamati-ssalah“, die so viel bedeuten wie „Das Gebet beginnt“ oder „das Gebet ist eingetroffen“, ist die Iqama eine gekürzte Version des Adhan. Sie wird auch deutlich schneller und ohne das typische Langziehen der Silben gesprochen.

Die Vorzüge des Adhans

Der Adhan und die Iqama erfüllen beide einen offenkundigen Zweck. Sie dienen dazu, den Betenden mental auf das Gebet vorzubereiten. Der Adhan veranlasst zum Unterbrechen des Alltags, er gibt Zeit, die Gebetswaschung zu vollziehen und die Gedanken zu sortieren. Nach dem Adhan sollte der Muslim Allahs mehr gedenken und sich in der Zeit bis zur Iqama so wenig ablenken wie möglich. Zwischen der Iqama und dem Gebet sollte dann nicht mehr geredet werden. Dies ist jedoch auch keine Schwierigkeit, denn die Iqama wird direkt vor dem Gebet gesprochen.

Viele Hadithe beschreiben die Vorzüge des Adhan und des Muadhins, der Person, die den Adhan ausruft. So sagte der Prophet, Friede sei mit ihm: „Wenn die Leute wüssten, was im Adhan und in der ersten Reihe (des Gebets) (an Vorzug) steckt und sie diesen Vorzug nur mit dem Ziehen von Losen sichern könnten, so würden sie auslosen“ [Bukhari]. Damit meinte der Prophet, Friede sei mit ihm, dass der Lohn für das Rufen des Adhan und für das Gebet in der ersten Reihe so groß sind, dass sich die Menschen eigentlich um diese Gnade streiten müssten. Außerdem werden die Gebetsrufer am Jüngsten Tag die längsten Hälse haben [Muslim, Ibn Majah] und sie erhalten einen ähnlichen Lohn wie diejenigen, die mit ihnen zusammen beten [Tabarani]. Es wird berichtet, dass jedes Lebewesen, welches den Adhan hört, für den Rufer am Tag des Gerichts Zeugnis ablegen wird [Bukhari] und dass ihm so weit vergeben wird, wie seine Stimme reicht [Tabarani]. Aus all diesen Hadithen kann man entnehmen, dass man den Adhan lernen und ihn rufen sollte, auch, wenn man alleine zuhause betet. Der hier erwähnte Lohn gilt nicht nur für das Gemeinschaftsgebet, sondern für jede Situation, in der das Pflichtgebet verrichtet wird.

Fazit

Die beiden Gebetsrufe beinhalten all die eigentlichen und wesentlichen Punkte des Islams, wie die Lobpreisung Allahs als den Größten und das Glaubensbekenntnis. Sie sind neben der Gebetswaschung eine weitere Vorbereitung auf das Gebet und ein Indikator für dessen Wichtigkeit. Beide Gebetsrufe dienen dazu, dass sich der Muslim im Alltag stärker auf seinen Schöpfer fokussiert und optimal auf das Gebet vorbereitet ist. Durch den großen Lohn, den das Rufen dieser Worte verspricht, sollte jeder Muslim den Adhan und auch die Iqama beherrschen und diese auch aufsagen.

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